Briefe der Hoffnung: Was ehemalige Gefangene dir sagen möchten
Wir haben mit ehemaligen politischen Gefangenen aus Belarus gesprochen, um herauszufinden, ob Postkarten für sie wirklich eine Bedeutung haben. Ihre Antworten sind bewegend und zeigen, wie stark eine einfache Geste der Solidarität sein kann. Lies ihre Eindrücke – und mach mit bei unseren kommenden Briefschreibaktionen!

Kseniia Levadna
Referentin Öffentlichkeitsarbeit

Briefe an Gefangene werden oft zensiert oder gar nicht zugestellt. Wenn du eine elektronische Kopie auf DissidentBY (https://stayrebel.fun/letter/bank) hochlädst, wird deine Nachricht sicher gespeichert und kann dem Gefangenen nach seiner Freilassung übergeben werden – selbst wenn der ursprüngliche Brief nicht ankommt.
Kseniya Lutskina, Journalistin, ehemalige politische Gefangene
„Warum sollte man politischen Gefangenen schreiben? Weil sie die Briefe wirklich bekommen! Selbst wenn dir alle sagen, dass sie sie nicht erhalten – schreib trotzdem. Wenn nur eine von zehn Postkarten ankommt, ist das schon ein Sieg. Worte der Unterstützung zu bekommen, wenn man isoliert ist, bedeutet sehr viel. Sie zeigen, dass man nicht allein ist und dass da draußen jemand ist, der sich kümmert und für dich kämpft.“
Vyacheslav Kosinerov, Menschenrechtsverteidiger, Vertreter von DissidentBY
„Für mich ist diese Geschichte sehr persönlich. Das Gefängnis versucht, einem die eigenen Werte zu nehmen, dich an deinen Idealen zweifeln zu lassen und dir einzureden, dass das System recht hatte, dich zu bestrafen. Isolation, Stille und Routine sollen dich davon überzeugen, dass Widerstand sinnlos war. Und dann, plötzlich, dringt eine Stimme der Freiheit von draußen ein. Die kleine Klappe in der Tür öffnet sich – und Briefe werden hereingereicht. Einer bekommt zwei, ein anderer einen, jemand gar keinen. Und dann geben sie mir ein Bündel mit fünf Briefen und sieben Postkarten. “Schon wieder einer für den politischen Gefangenen”, sagt jemand in der Zelle – nicht wütend, sondern mit stiller, weißer Eifersucht.
Foto: Alexander vilniusphoto.com




Denn diese Briefe und Postkarten durchbrechen das Grau der Zelle. Sie holen dich aus der Welt der abblätternden Wände und rostigen Türen und erinnern dich daran, dass Menschen draußen Anteil nehmen. Sie erinnern dich daran, dass du recht hattest – dass, egal wie sehr die Wärter und das System versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen, Gerechtigkeit und Wahrheit auf deiner Seite stehen. Die hellsten Menschen der Welt wissen das – und sie stehen an deiner Seite.“
Palina Sharenda-Panasiuk, Oppositionsaktivistin
„Wir müssen weiterschreiben – auch wenn die Listen blockiert werden. Die Menschen erfahren trotzdem davon, und vor allem spüren sie diese symbolische Solidarität. Diese Briefe aus aller Welt fordern das ganze repressive System Lukaschenkas heraus, denn sie zeigen: Die Welt schweigt nicht. Niemand wird diesem Regime verzeihen! Und die Zeit wird kommen, in der die Menschen diese Briefe lesen. Es ist nun ein halbes Jahr seit meiner Freilassung vergangen, und ich bekomme sie immer noch – auf die eine oder andere Weise. Deshalb rufe ich alle auf: Schreibt weiter!“
Nataliya Dulina, ehemalige Dozentin am Lehrstuhl für Italienisch an der Staatlichen Linguistischen Universität Minsk
„Als ich in Untersuchungshaft war, bekam ich Briefe von Fremden. Politische Gefangene erhalten oft gar keine Post – selbst Briefe von Familienangehörigen werden blockiert. Zum ersten Mal habe ich geweint – nicht wegen der Grausamkeit, sondern wegen dieser Worte der Unterstützung. Sie erinnerten mich daran, dass ich nicht allein war.“

