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Offener Brief: Nestlé muss die Finanzierung staatlicher Medien in Belarus sofort beenden

Offener Brief: Nestlé muss die Finanzierung staatlicher Medien in Belarus sofort beenden

Kein anderes ausländisches Unternehmen schaltet so viele Werbespots im staatlichen belarusischen Fernsehen wie Nestlé. Über 50 Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb den Schweizer Nahrungsmittelkonzern dazu auf, seine Unterstützung der TV-Propaganda des Lukaschenko-Regimes sofort zu beenden. In einem Offenen Brief wenden sich über 50 Nichtregierungsorganisationen aus 18 Ländern an Nestlé-Verwaltungsratpräsident Paul Bulcke und CEO Mark Schneider und fordern […]

Kein anderes ausländisches Unternehmen schaltet so viele Werbespots im staatlichen belarusischen Fernsehen wie Nestlé. Über 50 Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb den Schweizer Nahrungsmittelkonzern dazu auf, seine Unterstützung der TV-Propaganda des Lukaschenko-Regimes sofort zu beenden.

In einem Offenen Brief wenden sich über 50 Nichtregierungsorganisationen aus 18 Ländern an Nestlé-Verwaltungsratpräsident Paul Bulcke und CEO Mark Schneider und fordern das Unternehmen dazu auf, die Werbung in allen staatlich kontrollierten belarusischen Medien zu stoppen. Initiiert wurde der Offene Brief von der deutsch-schweizerischen Menschenrechtsorganisation Libereco.

Insgesamt werden ca. 60 Prozent der Werbespots im belarusischen Staatsfernsehen von westlichen Konzernen aus der EU, den USA und der Schweiz geschaltet – darunter Marken wie Mars, Maggi, Schwarzkopf oder L’Oréal. Doch kein anderes westliches Unternehmen finanziert die staatliche TV-Propaganda des Lukaschenko-Regimes stärker als Nestlé – etwa jeder dritte dortige Werbespot wird vom Schweizer Konzern geschaltet.

“Wir sind schockiert über die regelmässige Ausstrahlung von erzwungenen Schuldeingeständnissen von Regimegegnern und politischen Gefangenen im staatlichen belarusischen Fernsehen. Zuletzt musste der misshandelte Blogger Raman Pratasevich ein erzwungenes Interview und eine inszenierte Pressekonferenz geben. Es ist unerträglich, dass Nestlé im Umfeld dieser erschreckenden Zurschaustellung verängstigter und misshandelter Regimegegner Werbung ausstrahlt. Nestlé muss – genauso wie alle anderen westlichen Unternehmen – die Werbung in staatlichen belarusischen Medien umgehend beenden und darf sich nicht länger mitschuldig an den Verbrechen des Lukaschenko-Regimes machen”, erklärt Lars Bünger, Präsident von Libereco, anlässlich der Veröffentlichung des Offenen Briefes.

Der Offene Brief im Wortlaut

Offener Brief an Nestle als PDF

Nestlé muss die Finanzierung staatlicher Medien in Belarus sofort beenden

Offener Brief an
Paul Bulcke, Präsident des Verwaltungsrates von Nestlé
Mark Schneider, Chief Executive Officer von Nestlé

Sehr geehrter Herr Bulcke, sehr geehrter Herr Schneider

Wir wenden uns heute im Namen von 52 Nichtregierungsorganisationen aus 18 Ländern aufgrund des Werbe-Engagements von Nestlé im staatlichen belarusischen Fernsehen an Sie. Durch ihre Werbung finanziert Nestlé unmittelbar die staatliche Propaganda des diktatorischen Regimes in Belarus und die damit verbundene Diskreditierung der belarusischen Demokratiebewegung.

Seit dem Sommer 2020 wurden in Belarus mehr als 40’000 Menschen aus politischen Gründen festgenommen, tausende von ihnen wurden gefoltert oder misshandelt. Berichten zufolge wurden mehrere Regimegegner getötet. Belarusische Menschenrechtsorganisationen haben aktuell mehr als 500 Inhaftierte als politische Gefangene anerkannt. All diese Menschenrechtsverletzungen werden in den staatlichen belarusischen Medien, die durch die Werbung von Nestlé mitfinanziert werden, verschwiegen.

In einem beispiellosen Akt von staatlichem Terrorismus ließ das belarusische Regime am 23. Mai 2021 eine Maschine der irischen Fluggesellschaft Ryanair auf dem Weg von Griechenland nach Litauen im belarusischen Luftraum entführen. Bei der in Minsk erzwungenen Landung der Maschine wurden Raman Pratasevich und seine Freundin Sofia Sapega festgenommen - beide gelten seitdem als politische Gefangene des belarusischen Regimes.

In der Folge wurden von Pratasevich und Sapega im belarusischen Staats-Fernsehen erzwungene Schuldeingeständnisse und Interviews ausgestrahlt. Bei Raman Pratasevich waren dabei Spuren körperlicher Misshandlungen klar erkennbar.

Bereits im November 2020 wurde der politische Gefangene Mikalai Dziadok im belarusischen staatlichen Fernsehen vorgeführt und zu einem unter sichtbarer Folter erpressten Schuldeingeständnis gezwungen. Zahlreiche weitere Regimegegner werden regelmässig im belarusischen staatlichen Fernsehen zu Schuldeingeständnissen gezwungen.

Direkt neben dieser erschreckenden Zurschaustellung verängstigter und misshandelter Regimegegner platziert Nestlé ihre Werbung für Kaffee, Schokoriegel und Katzenfutter. Wie eine Beobachtung der Werbung im belarusischen staatlichen Fernsehen ergeben hat, wird jeder dritte dortige Werbespot von Nestlé geschaltet. Kein anderes westliches Unternehmen finanziert damit die menschenverachtende Propaganda im staatlich kontrollierten belarusischen Fernsehen stärker als Nestlé.

Die Lage der Medienfreiheit in Belarus ist seit vielen Jahren alarmierend. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Belarus Rang 158 von 180 Ländern. Am 18. Mai 2021 wurde die populärste unabhängige belarusische Webseite TUT.BY abgeschaltet. Gemäss der Belarusian Association of Journalists (BAJ) sind derzeit 25 Medienschaffende inhaftiert, darunter 12 Mitarbeiter von TUT.BY und 5 Mitarbeiter des Press Club Belarus.

Als Reaktion auf die anhaltende Unterdrückung der Medienfreiheit und aufgrund des fehlenden Schutzes eines unabhängigen Journalismus in Belarus hat die European Broadcasting Union (EBU), ein Zusammenschluss von 69 Rundfunkanstalten aus 56 Ländern, am 28. Mai 2021 die Mitgliedschaft der belarusischen Rundfunkanstalt BTRC suspendiert.

Wir begrüßen den Entscheid der EBU ausdrücklich und erwarten, dass Nestlé genauso verfährt und sich vom belarusischen Regime distanziert. Nestlé darf sich nicht länger mitschuldig an den Verbrechen des Lukaschenko-Regimes und  an den gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus machen indem Nestlé das staatliche belarusische Fernsehen durch Werbung finanziert.

Wir fordern Sie dazu auf, die Werbung von Nestlé in allen staatlich kontrollierten belarusischen Medien und die damit verbundene direkte Finanzierung der Propaganda eines verbrecherischen Regimes sofort zu beenden.

Hochachtungsvoll
Unterzeichnende OrganisationenLand
ACAT BelgiqueBelgien
ACAT DeutschlandDeutschland
ACAT ItaliaItalien
ACAT SchweizSchweiz
Association UMDPlUkraine
Belarusische Gemeinschaft RAZAM e.V.Deutschland
CampaxSchweiz
Center for Civil LibertiesUkraine
Centre for the Development of Democracy and Human RightsRussland
Citizens‘ WatchRussland
Evangelisch-Lutherische Kirche in NorddeutschlandDeutschland
Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis NordfrieslandDeutschland
Evangelische Stimmen, NordkircheDeutschland
Flussschifferkirche HamburgDeutschland
Free Press UnlimitedNiederlande
Freedom HouseUSA
Helsinki Citizens‘ Assembly – VanadzorArmenien
Helsinki Foundation for Human RightsPolen
Human Rights Center ViasnaBelarus
Human Rights House FoundationNorwegen
Human Rights Movement „Bir Duino-Kyrgyzstan“Kirgistan
humanrights.chSchweiz
Index on CensorshipGroßbritannien
Initiative Mittel- und Osteuropa e.V.Deutschland
International Partnership for Human RIghtsBelgien
Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)Deutschland
Kazakhstan International Bureau on Human Rights and the Rule of LawKasachstan
Kharkiv Human Protection GroupUkraine
Kommunikation Ost-WestSchweiz
KRF Public AlternativeUkraine
Legal InitiativeBelarus
Legal policy research centreKasachstan
Libereco – Partnership for Human RightsSchweiz / Deutschland
Menschenrechtszentrum CottbusDeutschland
National Anti-Crisis Management of BelarusPolen
NESEHNUTÍTschechien
Östgruppen – Swedish Initiative for Democracy and Human RightsSchweden
Pädagogisch-Theologisches Institut der NordkircheDeutschland
Pastoralkolleg Ratzeburg der NordkircheDeutschland
People in NeedTschechien
People’s Embassy of Belarus in GermanyDeutschland
Prediger- und Studienseminar der NordkircheDeutschland
Public Association „Dignity“Kasachstan
Public Verdict FoundationRussland
RAZAM.CHSchweiz
Reporter ohne GrenzenSchweiz / Deutschland
Schweizerische Helsinki VereinigungSchweiz
Swedish OSCE NetworkSchweden
The Barys Zvozskau Belarusian Human Rights HouseLitauen / Belarus
The Netherlands Helsinki CommitteeNiederlande
Union „Women of the Don“Russland
Women’s International League for Peace and FreedomDeutschland
 

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